Im Zug mit krakeelenden Männern

We fight, We live

Written by Felicia Mutterer

3. Januar 2016

Die Geschichte von einer Zugreise von Berlin nach Prag mit einem deutschen Männermob – ein Erfahrungsbericht als Reaktion auf die mitunter rassistisch geführte Diskussion um die Übergriffe auf Frauen in Köln und Hamburg in der Silvesternacht 2015. Von Felicia Mutterer.

Es war Sommer 2014. Ich saß im Zug nach Prag. In den zwei Abteils nebenan eine deutsche Männergruppe. Etwa zehn Leute. Mit offener Tür und mit Bier in der Hand besiedelten sie auch den Flur. Soweit so gut, ist ja schließlich eine Fahrt nach Prag. Aber dann sangen sie laut. Dämliche Lieder mit schlimmen, sexistischen, frauenfeindlichen Texten. In den Gesangspausen krakeelten sie vom Bumsen, scheuten keine derbe Beschreibung darüber, wie sie es den Frauen in Prag besorgen wollen – von hinten und von vorne etc. pp.. Das Bemühen einer Schaffnerin,  die Männer zu animieren, ihre Klappe zu halten, führte zu nicht mehr als spöttischem Gelächter und weiterem sexistischen Gelabere. Mir schossen Fragen durch den Kopf: Wer muss man sein, um sich so zu verhalten? Welche Frau hält es mit solchen Männern freiwillig aus? Objektiv gesehen waren diese Menschen optisch keine Superbeaus, aber nicht vollkommen untragbar. Lesen und Singen schienen sie auch irgendwann mal gelernt zu haben, ein Zugticket waren sie ebenfalls imstande zu kaufen. Weiterführende Gedanken konnte ich mir über das Leben der Männer nicht machen, dafür machten sie dann doch zu viel Rabatz: Jede Frau, die an den Plätzen dieses Trupps vorbei kam, wurde mit schlüpfrigen Witzen bedacht. Mir ging es auch so als ich mal eben zur Toilette wollte. Der „Arsch“ stand im Mittelpunkt, was ich wütend wie hilflos mit meinem Mittelfinger und einem Ausspruch der Art „Arschlochwichser“ quittierte. Das hatte allerdings Konsequenzen: Fortan hatte ich die Asis an der Backe; sie standen winselnd und laut vor meinem Abteil, ich entschloss mich kurzerhand zur Flucht in einen anderen Wagen des Zuges. Zwei von ihnen liefen mir hinterher, zum Glück fand ich einen Platz neben einem sehr netten Mann, der leider die Rolle des Bodyguards übernehmen musste. In Prag war ich dann froh, dass ich vom Bahnhof abgeholt wurde und ich diese Reise genervt, bedrängt, fassungslos, aber unbeschadet überstanden hatte.

Discover

related

GDPR Cookie Consent mit Real Cookie Banner