Tugba Tekkal, für eine Frau spielst du gut Fußball!

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Written by Felicia Mutterer

28. Juni 2017

Die Fußballerin Tugba Tekkal stammt aus einer kurdisch-jesidischen Familie mit elf Kindern. Auf dem Bolzplatz in Hannover begann sie als Teenager mit dem Kicken. Das führte die 32-Jährige zu großen Vereinen. Sie spielte von 2008 bis 2009 beim Hamburger SV, ehe sie zum 1. FC Köln wechselte. Als Stammkraft in beiden Vereinen wäre Tugba als Mann sehr wahrscheinlich Millionärin. Als Frau hat die Fitnesskauffrau und Personal Trainerin noch mehrere Jobs, die ihre Miete zahlen. Frauenfußball ist im Kommen, ja, aber noch fehlt das Standing. „Fußball-WM der Frauen ist, wenn man trotzdem Spaß hat“, sagte Moderator Michael Antwerpes einst im Fernsehen während der Weltmeisterschaft 2011. Sein Verständnis und das von vielen Menschen: Fußball ist ein Sport für Männer. Tugba Tekkal jammert deswegen nicht. Denn wenn ihr Fußball eines beigebracht hat: Steh auf und mach dein Ding. Ein Interview über das tugbaische Powerment.

Fußball ist dir in die Wiege gelegt worden und deine komplette Familie hat geklatscht, als du damit angefangen hast. Stimmt der Satz so und wenn nicht, wie war es dann? 

Nein, das stimmt so gar nicht. Ich habe zwar zehn Geschwister – wir könnten zusammen eine richtige Fußballmannschaft bilden – allerdings waren meine Eltern gar nicht begeistert, dass ich Fußball spiele. 

Haben sie sich daran gestört, dass du als Frau Fußball spielst?

Ja. Als Frau mit Zuwanderungsgeschichte gehört sich das nicht Fußball zu spielen. Das schickt sich nicht. Ich sollte lieber über Familienplanung nachdenken als mit Schrammen an den Beinen nach Hause zu kommen. 

Nun hast du eine Karriere als Profifußballerin hingelegt. Wie hast du diese Jahre erlebt und fanden das dann wieder alle gut als du ein Star warst?

Das sind die schönsten Jahre meines Lebens, die mich sehr geprägt haben. Dadurch habe ich viele Menschen kennenlernen dürfen, woraus sich Freundschaften entwickelt haben. Meine Eltern sind mittlerweile meine größten Fans, weil sie sehen, dass ich mit Herzblut bei der Sache bin und Fußball meine größte Leidenschaft ist. Meine erste Autogrammkarte beispielsweise hängt immer noch an der Pinnwand meiner Eltern. 

Wie hast du Förderung von Frauenfußball generell vonseiten des Verbands und von Vereinen erlebt?

In den ganzen Jahren, in denen ich dabei bin, hat sich definitiv vieles positiv entwickelt. Und die Vereine/Verbände sind bemüht da auch weiter zu machen. Doch ich bleibe dabei. Fußball ist und bleibt in Deutschland eine Männerdomäne. 

„Man sieht dir gar nicht an das du Fußball spielst, ihr seht doch normalerweise anders aus.“

Fühltest du dich immer ernst genommen von Frauen und Männern?

In meinen Anfängen wurde ich speziell von Männern belächelt. Doch als die gesehen haben was ich am Ball kann, waren sie verstummt. 

Wir wollen nicht so negativ sein. Aber kannst du ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern und Reaktionen zitieren? Zumindest eine?

„Für eine Frau spielst du gar nicht mal so schlecht.“

„Man sieht dir gar nicht an das du Fußball spielst, ihr seht doch normalerweise anders aus.“ 

Es gab jede Menge solcher Sprüche. Auch von Leuten, die sehr eng mit dem Fußball verhaftet sind. Ich finde solche Sprüche einfach nur dumm.

Mittlerweile hast du dein eigenes Projekt. Scoring Girls, dass Du für die NGO Hàwar machst. Du bringst Mädchen aus geflüchteten und sozialschwachen Familien das Fußball spielen bei.  Was versuchst Du den Mädchen zu vermitteln?

Moderatorin Anne Will zu Besuch bei Scoring Girls

Es geht darum den Mädels ein Vorbild zu sein und ihnen zu vermitteln, dass sie alles schaffen können, wenn sie es nur wollen. Das Selbstbewusstsein der Mädels zu stärken, werteorientierte Erziehung, wie Teamgeist, Gemeinschaftssinn und die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft. 

Du bist Vorbild. Du bist tough. Du hast Haltung. Was hat dich so stark gemacht?

Danke, das ist ein Kompliment. Ich denke, wenn man aus einer Großfamilie kommt, lernt man schnell sich durchzusetzen.  

Was macht dich zur Feministin?

Ich fühle mich nicht wirklich wie eine Feministin! Ich denke da nicht darüber nach. Ich stehe für Dinge ein, die mir wichtig sind und hinter denen ich stehe. Hat für mich aber wenig mit dem Begriff Feministin zu tun. 

Am 14. Juli 2018 steigt in Köln im Stadion an der Ostkampfbahn ein Fußballspektakel. Prominente wie Fernsehmoderatorin Anne Will treten mit den Scoring Girls zum Benefizspiel an. Alle Einnahmen gehen dem Projekt zu Gute. Weitere Infos und Tickets findest du hier.

Stand Up – das ist auch das Motto von Orange Is the New Black. Female Empowerment in Knast bei Netflix. 

 

 

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